Goethe, Schiller und Fontane oder Bach, Wagner und die Schumanns: Die sächsische Metropole Leipzig gilt als ein Zentrum der Kulturgeschichte – und wird vom 27. bis 30. Mai Schauplatz des 129. Deutschen Ärztetages. Es ist dann exakt 100 Jahre her, dass das „Parlament der Ärzteschaft“ zuletzt in der geschichtsträchtigen Stadt gastierte.
In diesen Frühsommertagen wird mit den insgesamt 250 delegierten Ärztinnen und Ärzten der 17 deutschen Landesärztekammern diskutiert, es wird gerungen, sich gestritten und positioniert, abgestimmt und verabschiedet. Das Hauptaugenmerk liegt auf Regelungen zum Berufsrecht. Es geht aber auch darum, als Stimme der gesamten Ärzteschaft öffentlich und lautstark Stellung zu gesundheits- und sozialpolitischen Fragen und Diskursen zu nehmen – in diesen gesellschaftlich herausfordernden Zeiten wichtiger denn je.
Sachsen-Anhalt wird dabei von sieben Delegierten vertreten. Wer sie sind, was sie bewegt, was sie verändern wollen – wir stellen Ihnen unsere Abgeordneten mittels kleiner Steckbriefe vor, die sie selbst ausgefüllt haben. Sie, liebe Leserinnen und Leser, sind nun eingeladen, per Mail Ihre Fragen, aber auch Anregungen und Wünsche an Ihre Delegierten zu adressieren, die diese dann auch mit nach Leipzig nehmen können.
Schreiben Sie dafür an:

Arzt in Klinik/Praxis/anderswo:
Direktor des Institutes für Anatomie,
Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg
Fachgebiet: Anatomie – Forschung und Lehre
Wohn-/Arbeitsort: Magdeburg
Zusätzliche Ämter: Chefredaktion des Ärzteblattes Sachsen-Anhalt
Lebensmotto: Neues Wissen schaffen als neugieriger Forscher
Das läuft gut: Die Interaktion zwischen den Ärztinnen und Ärzten im Bereich der Ärztekammer Sachsen-Anhalt
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Die fehlende Vernetzung von Praxen, Kliniken und Universitätsklinika als Grundlage der sektorübergreifenden Medizin, Probleme in der akade-mischen Medizin: Mangel an Dozentinnen und Dozenten, fehlende akademische Vertretung von vielen Fächern, da keine Professorinnen oder Professoren für die Fächer berufen werden, mehr Team-Geist ist an vielen Stellen des Gesundheitswesens erforderlich.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Eine bessere Lobbyarbeit der Ärztinnen und Ärzte zur Verbesserung der Versorgung und der entsprechenden Vergütung, Etablierung einer strukturierten Kompe-tenz-Interaktion zwischen Ärzteschaft und Politik, wie sie z. B. in der Pandemie an vielen Stellen sehr gut gelungen ist, klare Aussagen zur Zukunft des Medizinstudiums.

Ärztin in Klinik/Praxis/anderswo: (Un-)Ruhestand
Fachgebiete: Anästhesiologie, Intensivtherapie, Notfallmedizin, Palliativmedizin
Wohn-/Arbeitsort: Magdeburg
Zusätzliche Ämter: Vorstandsmitglied des Marburger Bundes Sachsen-Anhalt; bis 2023 Landesvorsitzende, Vorsitzende des Finanzausschusses der ÄKSA und Mitglied des Finanzausschusses der BÄK
Lebensmotto: Jeder Tag bietet neue Chancen und Möglichkeiten. Das Glas ist halbvoll.
Das läuft gut: Freunde und Familie
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Vor allem bereitet mir der weltweit zunehmende Populismus große Sorgen. Ich wünsche mir von einer neuen Regierung endlich die versprochenen gesundheitspolitischen Verbesserungen, wie zukunftsfä-
hige Krankenhausversorgung im Sinne unserer Patienten, den versprochenen Abbau der Bürokratie und eine Umsetzung sinnvoller Konzepte zur Nachwuchsgewinnung.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Ein konsequentes, gemeinsames Auftreten der Ärzteschaft statt endloser Identitätsdiskussionen sowie einen regen, respektvollen und zielführenden Meinungsaustausch.

Ärztin in Klinik/Praxis/anderswo:
HNO-Facharztpraxis
Fachgebiete: Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde/Allergologie
Wohn-/Arbeitsort: Lutherstadt Eisleben
Zusätzliche Ämter: Vorsitzende Virchow-bund Mitteldeutschland, Bundesvorsitzende Deutscher Facharztverband e. V., Vorstandsmitglied Spitzenverband Fachärzte Deutschlands SpiFA, Landesvorsitzende Sachsen-Anhalt, Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte, Mitglied des Berufungsausschusses Sachsen-Anhalt, Vertreterversammlungsmit-
glied der KVSA, Vorsitzende Facharztausschuss KVSA, Kammerversammlungsmitglied der ÄKSA und des erweiterten Vorstandes, Vorstandsmitglied der Deutschen Akademie der Gebietsärzte
Lebensmotto: Der Zufall bevorzugt den vorbereiteten Geist! Und: Wenn etwas schwierig ist, dann ist es also möglich!
Das läuft gut: Die Zusammenarbeit mit Kollegen!
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Das uneingeschränkte Leistungsversprechen der Politik an die Bürger/Patienten bei gleichzeitig mangelnder Gesundheitskompetenz der Bevölkerung. Fehlende Unterstützung bei Digitalisierung, Nachwuchs- und Personalmangel. Dringend muss die Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung geregelt werden.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig:
Zuhören, sinnvolles Streiten, zügiges Abstimmen. Redezeitbegrenzung. Weniger Eitelkeit, mehr Kompetenz und Zielführung. Kurzum: Eine Umstrukturierung in eine effizientere Veranstaltung!

Ärztin in Klinik/Praxis/anderswo: üBAG Genthin Schönhausen
Fachgebiet: Allgemeinmedizin,
Innere Medizin und Diabetologie
Wohn-/Arbeitsort: Genthin/
Jerichow, Genthin, Schönhausen
Zusätzliche Ämter: Vorsitzende des BVND Sachsen-Anhalt e. V., Beiratsmitglied im Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen e. V., Mitglied der Diabetes-Kommission der KVSA, Vorstand der ÄKSA, Mitglied des Ausschusses für Innovation, Digitalisierung und Technologie, Mitglied der AG Klima und Gesundheit
Lebensmotto: Habe ich nicht. Ich halte mich für pragmatisch und sehr positiv in der Grundeinstellung.
Das läuft gut: Wir haben es geschafft, aus drei Standortteams ein Praxisteam zu schaffen. Mit unserer Praxisstruktur profitieren wir von der Digitalisierung.
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Wir als Praxis stehen noch am Anfang unserer digitalen Möglichkeiten – dies muss für eine weitere Arbeitserleichterung besser werden. Die Vernetzung zwischen Kliniken und Praxen muss besser und vereinfacht werden. Die Digitalisierungslösungen erscheinen mir oft als Insellösungen und sind nicht untereinander kompatibel – das muss sich ändern.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Ich sehe Aufgaben in der Nachwuchsgewinnung. Die Vereinfachung und Verbesserung der Praktikabilität der ePA und folgender Digitalisierungsschritte als Forderung gegenüber der Politik.

Arzt in Klinik/Praxis/anderswo: Oberarzt Anästhesie im Städtischen Klinikum Dessau
Fachgebiete: Anästhesie/ZB Intensivmedizin, Klinische Akut- und Notfallmedizin, Palliativmedizin,
Ernährungsmedizin u. a.
Wohn-/Arbeitsort: Dessau-Roßlau
Zusätzliche Ämter: Personalratsvorsitzender im Städtischen Klinikum Dessau, Mitglied des klinischen Ethikkomitees am Städtischen Klinikum Dessau
Lebensmotto: Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.
Das läuft gut: Beruf und Familie
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Die Zukunft der Krankenhausversorgung in Deutschland, die Einführung und Umsetzung der Krankenhausreform bereitet weiterhin Sorgen: Welche Krankenhäuser bleiben in welchem Umfang bestehen? Wie verzahnen wir die ambulante und stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten unter Beteiligung aller Sektoren? Es ist sehr fraglich, welche Maßnahmen nach dem anstehenden Regierungswechsel überhaupt noch umgesetzt werden. Hier ist auch das Land Sachsen-Anhalt gefragt. Leider verschafft sich das Gefühl zunehmend Raum, dass vor der anstehenden Landtagswahl 2026 hier keiner mehr dieses Problem anfassen will.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Wir müssen also gemeinsam die Politik auffordern, diesen oben beschriebenen Schwebezustand zu beenden. Die Nachwuchsgewinnung auf allen Ebenen und in allen Gesundheitsbereichen ist zudem weiter problematisch. Da brauchen wir Lösungen. Die Neuregelung zur Gesetzgebung in der Sterbehilfe steht auch noch aus: Die Politik sieht sich nicht in der Lage, das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Februar 2020 umzusetzen. Und: Das Personalbemessungstool ist sicherlich mit viel Aufwand entwickelt worden. Aber die wirtschaftliche Realität in vielen Krankenhäusern wird eine Umsetzung nicht ermöglichen können. Hier müssen Klarheit und Handlungsempfehlungen her.

Arzt in Klinik/Praxis/anderswo: Selbstständiger Arzt in eigener Praxis
Fachgebiete: Allgemeinmedizin
Wohn-/Arbeitsort: Derenburg
Zusätzliche Ämter: Vorstandsmitglied der ÄKSA, MFA-Prüfungsausschuss, Berufsbildungsausschuss, Vorstand Hausärzteverband u. a.
Lebensmotto: Landarzt aus Leidenschaft
Das läuft gut: Mein Beruf bleibt für mich Berufung, allen Schwierigkeiten und Unsicherheiten zum Trotz. Die Patienten-Hausarzt-Bindung über Generationen hinweg – „von der Wiege bis zur Bahre“ – ist mir Antrieb und Herzensangelegenheit.
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Ärztliche Versorgung auf dem Land, schleppender Bürokratieabbau, der Nachwuchsmangel sowohl auf ärztlicher Ebene als auch im mittleren medizinischen Personalbereich. Durch den demografisch bedingten Ärztemangel erhöht sich die Arbeitsbelastung auch für die Praxisteams spürbar. Die für eine vertrauensbasierte Behandlung notwendige, auch gewollte empathische Betreuung wird
zur Herausforderung. Und das insbesondere an der so wichtigen Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Betreuung. Dieser führt zu einer zusätzlichen Belastung der Systeme und kann nicht im Sinne von Ärzten und Patienten sein.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Regen Austausch, gehaltvolle und sinnstiftende Diskussionen jenseits von Befindlichkeiten; wichtige Impulse für Lösungen des Ärztemangels; eine bessere Verzahnung der versorgenden Institutionen zur optimalen Behandlung von Patienten. Sicherstellung einer kompetenten, nachhaltigen und zielorientierten medizinischen Versorgung bei gleichzeitiger Steigerung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung.

Arzt in Klinik/Praxis/anderswo: Selbstständiger Arzt in eigener Praxis
Fachgebiete: Allgemeinmedizin
Wohn-/Arbeitsort: Halle/Teutschenthal OT Zscherben
Zusätzliche Ämter: Vizepräsident der ÄKSA, Vorsitzender des beratenden Hausarztausschusses der KVSA, Beisitzer des Vorstands des Hausärzteverbands Sachsen-Anhalt
Lebensmotto: L(i)eben und L(i)eben lassen.
Das läuft gut: Bei allen Querelen, die es – teilweise auch vermeintlich – gibt, haben wir immer noch den schönsten Job, den ich mir vorstellen kann.
Das bereitet mir im (Praxis-)Alltag Sorgen oder muss sich ändern: Die zunehmende Substitution ärztlicher Leistungen durch nichtärztliches Personal.
Das erwarte ich vom Deutschen Ärztetag in Leipzig: Deutliches Herausarbeiten eines sinnvollen und zielorientierten Einsatzes der künstlichen Intelligenz in der Medizin als Unterstützung der Patientenversorgung.
Der Montag vor Beginn des Deutschen Ärztetages gehört traditionell den jungen Ärztinnen und Ärzten. Während des Dialogforums werden aktuelle Schwerpunkte aus dem medizinischen Alltag diskutiert, welche besonders die Perspektive der jungen Ärzteschaft berücksichtigt. Am Vortag des 129. Ärztetages in Leipzig wird das Thema „KI konkret im ärztlichen Alltag“ lauten. Diskutiert wird, wie KI dazu beitragen kann, gerade junge Ärztinnen und Ärzte in ihrem Arbeitsalltag zu entlasten. Aber auch welche Kompetenzen künftig erforderlich sein werden. Und bleibt dabei etwa die wichtige Beziehung zwischen Patienten und Ärzten auf der Strecke? Vorgestellt werden diverse KI-Lösungen, die anschließend im „Fishbowl“-Format diskutiert werden.
Haben Sie Anregungen für unseren Ausschuss „Junge Ärzte“ der Ärztekammer Sachsen-Anhalt oder Fragen zu diesem Thema, die bei der Diskussion in Leipzig aufgeworfen werden könnten? Dann schreiben Sie auch hier an
Text: K. Basaran